Am 24. Dezember 2011 wäre Mauricio Kagel 80 Jahre alt geworden.
Anlässlich dieses Ereignisses veranstaltet die Kölner Gesellschaft für Neue Musik in Kooperation mit dem Ensemble musikFabrik und der Stadt Köln ein besonderes Jubiläumskonzert. Der Festakt findet am 14. Dezember 2011, um 19 Uhr, in der Kunst-Station Sankt Peter statt. Uraufführungen erst jüngst entdeckter Manuskripte aus seinen frühen Jahren in Argentinien sowie vier speziell für diesen Festakt erteilte Kompositionsaufträge und eine Neufassung des fulminanten „Zwei-Mann-Orchester“ stellen das Programm des Abends dar.
Köln war für den aus Argentinien stammenden Komponisten, Dirigenten, Film- und Hörspielautoren, Pädagogen, Essayisten, Karikaturisten und Grafiker für über 50 Jahre bis zu seinem Tod im September 2008 künstlerische Heimat. Wie kaum ein anderer vermochte es Mauricio Kagel, zweifelsohne einer der einflussreichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts, sein vielseitiges, interdisziplinäres Wirken als Professor an der Kölner Hochschule für Musik an seine Studenten weiterzugeben. Anlass genug, sein weit über die Grenzen Kölns und Deutschlands strahlendes Werk an der Stätte seines Schaffens in einem ganz speziellen Festkonzert zu würdigen.
Das Ensemble musikFabrik, das seit den 90er Jahren intensiv mit dem Komponisten zusammenarbeitete, eröffnet den ersten Konzertteil mit Kompositionen von Mauricio Kagel. Dazu zählen unter anderen zwei Uraufführungen für Klarinette solo und eine Deutsche Erstaufführung für Klavier solo. Die drei Werke stammen aus der frühen Schaffenszeit des Komponisten (1954-1957). Weitere Uraufführungen tragen vier inzwischen international renommierte Komponisten und Komponistinnen bei, die alle aus Kagels Kölner Klangschule hervorgingen: Carola Bauckholt, Manos Tsangaris, Maria de Alvear und Chris Newman. Diese „Hommages“ an Mauricio Kagel lassen den Lehrer, seinen berühmten musikalischen Witz und Erfindergeist, auf ihre eigene Art wiederaufleben: ob durch Lichtregler angesteuerte Staubsauger, die den Orgelpfeifen in Sankt Peter Luft einhauchen, oder einfach nur durch das Spiel von Überraschungsmomenten.
Alle vier Kompositionsaufträge sind speziell für diesen Anlass erteilt worden und werden von der Ernst von Siemens Musikstiftung gefördert.
Das Konzert wird vom Deutschlandfunk mitgeschnitten und am 28. Januar um 22.05 Uhr in der Sendung "Atelier neuer Musik" gesendet.
Im Zentrum von Sankt Peter wird, ganz wörtlich genommen, Kagels ZWEI-MANN-ORCHESTER stehen.
Uraufgeführt bei den Donaueschinger Musiktagen 1973 als Kompositionsauftrag des Südwestfunks, zählt Mauricio Kagels Zwei-Mann-Orchester für zwei Ein-Mann-Orchester, das er selbst als „unselbständiges Automatophon“ bezeichnete, zu den merkwürdigsten und zugleich originellsten Stücken der Neuen Musik.
Die Uraufführungsfassung tourte nach der Premiere mit den damaligen Spielern Wilhelm Bruck und Theodor Ross erfolgreich durch Europa und stieß beim Publikum, ob in Paris, Köln oder Amsterdam etc., auf größte Resonanz.
Zur Documenta IX 1992 entstand eine zweite Fassung, und in Basel wurde im April 2011 in einer Kooperation von Paul Sacher Stiftung, Musikhochschule und Museum Tinguely eine neue, die dritte Fassung von Kagels Zwei-Mann-Orchester realisiert.
Wilhelm Bruck, Spieler der ersten und der zweiten Fassung und Kagel-Interpret seit den 1960er Jahren, stellte sich dieser Herausforderung ein drittes Mal und hat zusammen mit Matthias Würsch, Professor für Schlagzeug an der Basler Musik-Akademie und international gefragter Multiinstrumentalist, eine neue Orchestermaschine gebaut und musikalisch ausgearbeitet.
Das ZWEI-MANN-ORCHESTER wird nochmals vom 15.-17. Dezember zu erleben sein!
Programm:
Mittwoch, 14. Dezember 2011, 19.00 Uhr
Kunst-Station Sankt Peter, Köln
Konzert 1
Hommage: Das Ensemble musikFabrik spielt Werke zu Ehren von Mauricio Kagel
Mauricio Kagel
Elegia para clarinete solo (1956) | Uraufführung
Pieza para clarinete solo (1957) | Uraufführung
Cuatro piezas para piano (1954) | Deutsche Erstaufführung
Morceau de Concours – Fassung für Trompete und Horn (1972)
2. Trio in einem Satz | für Violine, Violoncello und Klavier (2011)
Uraufführungen von:
Carola Bauckholt Humus (2011) | Uraufführung
Manos Tsangaris Final Match | für drei Spieler und Verstärkung (2011) | Uraufführung
Maria de Alvear RETHINKING 4/4 (2011) | Uraufführung
Chris Newman Neues Werk (2011) | Uraufführung
Ensemble musikFabrik
Konzert 2
Mauricio Kagel ZWEI-MANN-ORCHESTER (1971-73, Basler Fassung 2011) 70’
Spieler: Wilhelm Bruck (Ein-Mann-Orchester) und Matthias Würsch (Ein-Mann-Orchester)
Eintritt: Euro 15,-/ 10,- (erm.)
Weitere Termine von:
ZWEI-MANN-ORCHESTER
Do. 15.12. & Fr. 16.12. 2011, jeweils 19.00 Uhr
Sa. 17.12.2011, 14.00 Uhr
Kunst-Station Sankt Peter, 50676 Köln, Jabachstr. 1 // Eintritt: Euro 10,- / 5,- (erm.)
Eine Veranstaltung der Kölner Gesellschaft für Neue Musik e.V. in Kooperation mit dem Ensemble musikFabrik und der Stadt Köln
Kulturamt der Stadt Köln, Kunststiftung NRW und Ernst von Siemens Musikstiftung.
Das Ensemble musikFabrik wird gefördert vom Ministerium für Familie, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW.
Mitwirkende:
Ensemble musikFabrik
Seit der Gründung 1990 zählt das Ensemble musikFabrik zu den führenden Klangkörpern der zeitgenössischen Musik. Dem Anspruch des eigenen Namens folgend, ist das Ensemble musikFabrik in besonderem Maße der künstlerischen Innovation verpflichtet. Neue, unbekannte, in ihrer medialen Form ungewöhnliche und oft erst eigens in Auftrag gegebene Werke sind sein eigentliches Produktionsfeld. Die Ergebnisse dieser häufig in enger Kooperation mit den Komponisten geleisteten Arbeit präsentiert das in Köln beheimatete internationale Solistenensemble in jährlich etwa einhundert Konzerten im In- und Ausland, auf Festivals, in der eigenen Abonnementreihe „musikFabrik im WDR“ und in regelmäßigen Audioproduktionen für den Rundfunk und den CD-Markt. Bei WERGO erscheint die eigene CD-Reihe „Edition musikFabrik“, deren erste CD „Sprechgesänge“ 2011 den ECHO Klassik gewann.
Wilhelm Bruck
Wilhelm Bruck studierte Gitarre und Laute in Köln. Seit 1966 regelmäßige Zusammenarbeit mit Mauricio Kagel im Kölner Ensemble für Neue Musik. Mitwirkung an zahlreichen Uraufführungen von Kagel sowie von anderen Komponisten. Ab 1968 gemeinsames Studio mit Kagel, Christoph Caskel und Theodor Ross. 1972 Gründung des Gitarrenduos Bruck-Ross, das auch die erste und zweite Fassung des „Zwei-Mann-Orchester“ realisierte; weltweit Gastspiele mit einem breiten, oftmals szenisch erweiterten Repertoire. 1980-90 Professur für Gitarre in Karlsruhe.
Matthias Würsch
Matthias Würsch studierte Schlagzeug in Basel und Paris. Regelmäßiger Gast in verschiedenen Orchestern und Ensembles sowohl für traditionelles als auch für experimentelles Repertoire. International gefragter Spezialist für Sonderinstrumente wie Glasharmonika und ungarisches Cimbalom. Auch als Solist tätig mit anspruchsvollen, oftmals experimentell und/oder theatralisch ausgerichteten Programmen mit Werken
u. a. von Vinko Globokar, Heinz Holliger und Georges Aperghis. Seit 2006 Professor für Schlagzeug an der Hochschule für Musik Basel.