Mit ihrem "Musikfest" will die Kölner Gesellschaft für Neue Musik ein Forum für zeitgenössische Musik aus Köln schaffen. Seit über 20 Jahren prägt der Verein mit seinen Veranstaltungen und Publikationen die Musikszene der Stadt.Das Auftaktkonzert war zwar schon letzten Freitag, aber so richtig los geht's erst am kommenden Wochenende: das Musikfest der Kölner Gesellschaft für Neue Musik (KGNM) in der Alten Feuerwache. "Die vier Konzerte des Musikfestes zeigen einen vielstimmigen Querschnitt speziell durch die Kölner Szene der Neuen Musik", so Rainer Nonnemann, einer der fünf Vorständler der KGNM.Und "wie bei den vorangegangenen Musikfesten ist es auch diesmal unser Hauptanliegen, das große Potential unserer Mitglieder, Komponisten und Interpreten der Öffentlichkeit zu präsentieren, die zwar oft weit über Köln hinaus bekannt sind, in der Stadt selbst aber nur wenige Auftrittsmöglichkeiten erhalten", fügt er hinzu. Denn der Verein habe sich zur Aufgabe gemacht, "zeitgenössische Musik ohne ästhetische oder ideologische Beschränkungen zur Aufführung zu bringen und das Interesse an Neuer Musik zu wecken".Die KGNM, die zur Zeit 135 Mitglieder zählt und in dieser Form seit 1981 existiert, prägt die Kölner Musikszene seit gut 20 Jahren mit der Veranstaltung zahlreicher Konzerte und Konzertreihen - wie den "Zwischentönen" im Stadtgarten oder der "Brückenmusik" in der Deutzer Brücke - sowie durch Vorträge, Symposien und Publikationen, darunter auch das zweimonatlich erscheinende Programmheft "Neue Musik - Termine".Damit hat sie nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass Köln im Laufe der Jahre zu einem europaweit bedeutsamen Zentrum für Neue Musik geworden ist - auch wenn gerade mal keine Großveranstaltung wie die MusikTriennale für Schlagzeilen sorgt. So hat sich in Köln eine lebendige Szene entwickelt - und ihren Platz gefunden. Auch weil "sich neben den großen Veranstaltern WDR und Philharmonie einige kleinere Spielstätten als wichtige Foren für neue und improvisierte Musik fest etabliert haben", meint Nonnemann - und verweist auf die Kunststation Sankt Peter, die Galerie Haferkamp, den Kulturbunker in Mülheim und die Alte Feuerwache.Bislang wurde die Arbeit des Vereins, die sich inzwischen auf die Bereiche Klangkunst, Klanginstallation, Neues Hörspiel, Musikperformance und Sprachkomposition ausgeweitet hat, durch Mitgliedsbeiträge finanziert - bei einzelnen Projekten auch über Sponsorengelder, zum Beispiel aus der SK-Stiftung Kultur. Auch die Eintrittseinnahmen sind dabei ein fest einkalkulierter Posten. Außerdem erhielt die KGNM bisher städtische Zuschüsse. "Die Finanzierung ist für dieses Jahr gesichert, insgesamt aber brüchig und leider bislang noch ohne jede Perspektive für das kommende Jahr", erzählt Nonnemann. Überhaupt bemängelt man bei der KGNM das Engagement der Stadt. So sei bei der Bewerbung zur Kulturhauptstadt "zu wenig auf die Bedeutung der Neuen Musik in Köln seit 1950 hingewiesen" worden.Aber trotz der unklaren Zukunft gibt man sich für das Musikfest, bei dem 25 kammermusikalische Werke von 23 Komponisten aufgeführt werden, optimistisch: Ein festes, eigenes Ensemble hat der Verein zwar nicht, doch sind sowohl die auftretenden Musiker als auch die Komponisten fast ausnahmslos Mitglieder. Und so ergeben sich je nach Werk ganz automatisch immer wieder temporäre Ensembles, die Musik aus Köln in Köln für Kölner aufführen.Christian Meyer
Nach einer Pause von sieben Jahren setzt die Kölner Gesellschaft für Neue Musik (KGNM) die fast vergessene Tradition mehrtägiger Musikfeste fort. Damit verwirklicht der 2002 neu gewählte Vorstand eines seiner Hauptanliegen, um Potenzial, Vielfalt und neueste Entwicklungen der zeitgenössischen Musik-Szene Kölns aufzuzeigen. Mehrere Generationen "kommen zu Wort", und in mannigfaltigen Besetzungen werden die unterschiedlichsten kompositorischen Konzepte hör- und sichtbar. Dass diese "Kölner Szene", wie das kulturelle Leben der Stadt überhaupt, auch von "Immigranten" maßgeblich bereichert wird, verdeutlichen die ersten beiden Abende.Eröffnet wird die Konzert-Serie am 14. Mai im Japanischen Kulturinstitut mit Werken von japanischen, taiwanesischen, kroatischen und deutschen Komponisten.Der zweite Abend beginnt in der Alten Feuerwache mit einem prägnanten Werk des Brasilianers Paulo Chagas: "Bonfin" für zwei Schlagzeuger und Elektronik. Einen weiteren Schwerpunkt bildet Musik des kürzlich verstorbenen, aus Bulgarien stammenden Komponisten Bojidar Dimov, der in seinen "Brahms-" und "Debussy-Ritualen" über die abendländische Tonkunst reflektiert. Bezug auf diese Tradition nimmt auch der Kölner Martin Lennartz in seinem Trio "Mit Ernst o Bach", während Georg Heike in "Studie IV" für Klavier strukturelle Aspekte in den Vordergrund rückt. Mit dem bislang noch unaufgeführten Kapitel IV aus "Fa:m' Ahniesgwow" (1959) von Hans G Helms spüren die "Ästhetischen Phonetiker" der Sprache und ihren Konnotationen und Assoziationen nach. Und dass Sprache, zumal im Kontext der Erforschung weithin unbekannter oder in Vergessenheit geratener (Sprach-)Kulturen, noch heute ein spannendes "Sujet" ist, demonstrieren die "Phonetiker" in "Zhurjanski" aus den "SprachProben" von Harald Muenz.Ganz andere Akzente setzt das dritte Konzert, in dem Solostücke dominieren, die strukturbetonte Gestaltung mit breitem Klang- und Ausdrucksspektrum vereinen: Georg Krölls "Solopartien" für Flöte, die Camilla Hoitenga zu Ehren von dessen 70. Geburtstag interpretieren wird, Friedrich Jaeckers "Dorn" für Viola, Thomas Bruttgers "Effervescense" für Akkordeon, Hans-Ulrich Humperts "Flötenstück" und Albrecht Zummachs "Zwei Königskinder" für Violine. Da fallen "Palimpsest" für Mezzosopran, E-Gitarre und Tenorsaxofon von Michael Barolsky, der auf das Wort als Grundlage komplexer musikalischer Prozesse zurückgreift, und Manfred Niehaus' humorvolles "Etwas" für zwei Diskantzithern (nicht nur) hinsichtlich der Besetzung "etwas" aus dem Rahmen.Der vierte und letzte Abend steht im Zeichen des (imaginär) Szenischen: in Klarenz Barlows "Ludus ragalis", Thomas Witzmanns "Ersatz" und Bettina Wenzels "Insoluble". Mehr an das geistige Auge wenden sich hingegen, mit kontrastierenden Ausdruckssphären für Flöte, Michael Veltmans "Suite" und Matthias Spahlingers "nah, getrennt". Der Kreis schließt sich mit dem kroatischen Komponisten Silvio Foretic, der in "Am schönen braunen Rhein" für Salonorchester der Lebensader seiner Wahlheimat durchaus doppelbödig Referenz erweist.Egbert Hiller
An vier Tagen veranstaltete die Kölner Gesellschaft für Neue Musik (KGNM) ihr Musikfest und ermöglichte so Einblicke in die Vielfalt der Kölner Szene zeitgenössischer Musik. Sieben Jahre hatte es ein solches KGNM-Musikfestival nicht mehr gegeben - nun präsentierte man mit knapp dreißig Werken, darunter mehrere Uraufführungen, einen beachtlichen Querschnitt gegenwärtiger kompositorischer Konzepte. Der Bedeutung außereuropäischer Einflüsse auf die Neue Musik und der Bereicherung des Kölner Musiklebens durch interkulturellen Austausch trug das Programm gleich mehrfach Rechnung."Die Ferne so nah" lautete das Motto des Auftaktkonzerts im Japanischen Kulturinstitut, das verschiedene Facetten der wechselseitigen Beeinflussung von traditioneller fernöstlicher und westlicher neuer Musik aufzeigte. So verband Chao-Ming Tung in seinem rituellen "Herzsutra" den traditionellen Klang der chinesischen Zither mit den Möglichkeiten der Live-Elektronik. Sehr viel europäischer gefärbt dagegen die Uraufführung von Shoko Shida's "Shiki", ein auf sieben Haikus beruhender Jahreszeiten-Zyklus für Solo-Violine, die kurzzeitig auch in den Dialog mit der menschlichen Stimme und einer Klarinette trat. In Johannes Fritschs meditativem "Kyo Mu" ("leeres Nichts"), gespielt von Dorothee Oberlinger, orientierte sich der Flötenklang an der Shakuhachi, einer japanischen Flöte. Reizvoll dabei das Zusammenspiel mit dem Zuspielband, das zwischen naturähnlichen und technisch abstrakteren Momenten wechselnde Klanglandschaften evozierte.Blieben interkulturelle Einflüsse in den Werken zumeist identifizierbar, so wurden sie in Klarenz Barlows "Ludus ragalis" für Klavier bewusst verdeckt. Komponiert auf indischen Tonskalen, ergründeten die zwölf Präludien und Fugen die Nähe indischer Ragas zu europäischen Tonskalen. Verschiedene Formen der Auseinandersetzung mit der abendländischen Musiktradition boten auch Georg Krölls Solopartien jeweils für Violine und Flöte sowie Bojidar Dimovs "Brahms-" und "Debussy Rituals" für Klavier.Neben einer Reihe von Werken, die sich mit ausgewählten strukturellen oder klanglichen Aspekten beschäftigten, prägten szenische Konzepte das Programm. Als eines der ersten Sprachspiele des Neuen Hörspiels gilt Hans G. Helms 1959 publiziertes "Fa: M'Ahniesgwow", das mit absurden grammatikalischen Abwandlungen und phonetischem Material verschiedener Sprachen spielt. Dessen bis dahin noch nicht klanglich umgesetztes viertes Kapitel brachten die jüngst gegründeten "Sprechbohrer" zu einer unterhaltsamen Uraufführung. Einer der Höhepunkte sicherlich Thomas Witzmanns "... Ersatz ..." (1994) für Flöte, Gitarre und Perkussion. Durch entsprechende Spieltechniken gewannen hier auch Flöte und Gitarre äußerst fein abgestufte, perkussive Klangqualitäten.Ein insgesamt lebendiges, vielseitiges und überwiegend auf hohem Niveau präsentiertes Programm. Zu Recht durfte man sich also an dem großen Publikumszuspruch erfreuen.Andreas Günther