25 Jahre MusikTexte
„Endlich - wir haben wieder eine Zeitschrift, die sich ausschließlich mit Neuer Musik beschäftigen wird, " so jubelte vor 25 Jahren der damalige Präsident der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik, Siegfried Palm, dem ersten Erscheinen der MusikTexte entgegen. Die Euphorie war begründet und im übrige, wie wir wissen, auch im Rückblick gerechtfertigt. Schwer kann man sich heute zweierlei vorstellen: Zum einen, dass es die MusikTexte einmal nicht gegeben hat, zum anderen, dass sich in den Jahren vor 1983 im deutschsprachigen Raum kein einziges Periodikum mehr die Mühe machte, speziell über zeitgenössische Musik zu berichten.
Darum von einem brachliegenden Markt zu träumen, der nur erschlossen werden musste, wäre natürlich blauäugig gewesen. Ein einziger Abonnent, so erinnert sich Mitherausgeberin Gisela Gronemeyer, war die magere Ausbeute nach der Präsentation der ersten Nummer in Donaueschingen. Es blieb nicht lange dabei, und dennoch - lange Jahre firmierte das mit einem gelben Mantel nach wie vor ausgesprochen schlicht umhüllte Heft unter der Rubrik „Selbsthilfe“. Wenn Komponisten, Interpreten, Journalisten und Wissenschaftler unbedingt informiert sein wollten, so der Gedanke, mussten sie die Informationen eben selbst zusammentragen und einander vermitteln. Es wäre sicher übertrieben, wenn man sagte, die Musiktexte hätten soviel Autoren wie Leser (denn das sind mittlerweile einige Tausende), doch die großflächige Überschneidung der beiden Gruppen, sie zumindest war von Anfang an Plan wie Notwendigkeit.
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Der erstaunliche Umfang des Periodikums und die thematische Fülle seiner Beiträge verdankt sich aber auch einer anderen Überlegung: nämlich in einem allgemein zugänglich Printmedium zu allseitigem Vorteil zu sammeln, was anderorts ohnehin entstanden ist (und im besten Falle dort auch schon honoriert wurde!): Facharbeiten an Universitäten zum Beispiel, relevante Aufsätze aus ausländischen Zeitschriften und natürlich Features, Berichte und Porträts für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Dass Reinhard Oehlschlägel, der bis heute gemeinsam mit Gisela Gronemeyer die Hauptlast der redaktionellen Arbeit verrichtet, dass Oehlschlägel die Zeitschrift über lange Zeit als Redakteur für Neue Musik beim Deutschlandfunks begleiten konnte, hat ihr gewiss nicht geschadet – um es einmal ganz vorsichtig zu formulieren. Nach wie vor profitieren die MusikTexte ganz erheblich von diesem Geben und Nehmen in einer Kulturlandschaft, die bei aller Jammerei ja doch (wieder) so reichhaltige Blüten schlägt, dass man anderswo lange suchen muss, um Vergleichbares zu finden. Wenn die MusikTexte 25 Jahre nach ihrer Gründung ein Drittel ihrer Leserschaft im Ausland findet und hierzulande sich zudem fest verwurzelt hat in der Neue Musik und ihrem Diskurs, ja, diesen Diskurs zum Teil selbst erst darstellt, dann darf man ganz nüchtern resümieren, dass die Selbsthilfe tatsächlich geholfen hat.
Raoul Mörchen
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